Neues Werbegesetz in Norwegen: Auch Influencer müssen Fake-Fotos kennzeichnen

Fotoretusche ist unter Infuencern und in der Werbefotografie ein gängiges Mittel; das ist aber nicht jedem bewusst (Symbolfoto)

Fotoretusche ist unter Infuencern und in der Werbefotografie ein gängiges Mittel; das ist aber nicht jedem bewusst (Symbolfoto)

Foto: Shutterstock/Maksim Denisenko
Von: Ingrid Raagaard

Oslo – Das norwegische Parlament will gegen die Verbreitung von Fake-Fotos vorgehen, ohne sie zu verbieten: Bilder, die retuschiert werden, müssen gekennzeichnet werden, so der Beschluss der Politiker.

Wer kennt sie nicht, die strahlenden Influencer und Models ohne Speckröllchen und Doppelkinn, die ewig faltenlos mit glitzernden Augen und perfekten weißen Zähnen in die Kamera lächeln?

Die Wirklichkeit sieht meist etwas anders aus. Das Retuschieren – früher die hohe Dunkelkammerkunst der Fotografen – ist inzwischen dank Photoshop und immer simpler werdenden Apps für alle zugänglich. Selbst die so beliebten Selfies sind heute meist mit Filtern bearbeitet, denn jeder sieht sich gern etwas jünger, schlanker oder ausgeschlafener. Besonders Werbefotos sind heute ohne Retusche kaum noch denkbar.

Norwegen will das ändern. Am 2. Juni verabschiedete das Parlament ein neues Werbegesetz. Ab Sommer 2022 müssen retuschierte Fotos in der Werbung als solche auch markiert sein – egal ob sie von einer Agentur oder von einem Influencer kommen. Betroffen sind Fotos, bei denen etwas am Körper, an der Haut oder an der Größe des Models verändert wurde.

Der Grund: Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden inzwischen unter einer verzerrten Wahrnehmung des Körperbilds. In Norwegen gibt es dafür extra ein Wort: „kroppspress“ (Körperdruck).

In Norwegen läuft bereits seit Jahren eine Debatte zum Thema „kroppspress“, da mehrere Untersuchungen gezeigt haben, dass sich das Körperbild junger Menschen immer mehr verzerrt. Bei einer Umfrage der Kinderschutzorganisation „Redd barnas ungdom“ gaben 43 Prozent der Befragten an, dass sie in Bezug auf ihr Aussehen unter Stress stehen.

Familienminister Kjell Ingolf Ropstad: „Wir haben uns dazu entschlossen, dass Werbung dieser Art in Zukunft gekennzeichnet werden muss, weil die retuschierten Fotos ein verzerrtes Körperbild auslösen. Wir wollen, dass sich Kinder und Jugendliche in Zukunft so akzeptieren, wie sie sind.“

Die Fotos müssen gekennzeichnet werden, wenn etwas an der Figur oder Haut verändert wurde. Auch bei vergrößerten Muskeln greift das Gesetz. Gängige Filter von Instagram oder Snapchat fallen ebenfalls unter das Gesetz.

Werbefotos mit Menschen dürfen dann nur noch ganzheitlich fotografisch bearbeitet sein. Es bleibt also unproblematisch, wenn man das ganze Bild heller, dunkler oder schärfer macht. Das Aussehen des Models darf jedoch nicht verändert werden.

Wer soll das kontrollieren?

Das Familienministerium will in den nächsten Monaten ein Logo entwickeln, das ähnlich wie das Wort „Anzeige“ die entsprechenden Fotos einheitlich markiert. Der Verbraucherschutz wird ab Sommer 2022 überprüfen, ob diese Regel dann auch eingehalten wird. Sie soll für große Unternehmen wie H&M genauso gelten wie für Influencer.

In dem Moment, in dem das Foto als Anzeige gilt, ist das Retuschieren des Models nur noch mit dem neuen „Retuschiert“-Logo erlaubt. Wer sich nicht daran hält, muss Bußgeld zahlen. Die Beträge steigen bei Wiederholungstätern. Die Höhe der Bußgelder muss in den kommenden Monaten noch festgelegt werden.

Die norwegische Zeitung „Verdens Gang“ hat einige Influencer des Landes befragt und bekam durchweg positive Antworten.

Janka Polliani (177 000 Follower) meint sogar, dass sich alle daran halten sollten, auch dann, wenn es gar nicht um Reklame geht.

Martine Halvorsen (64 100 Follower) sagte: „Es ist eigentlich sehr traurig, dass wir unsere Fotos bearbeiten und eine Wirklichkeit zeigen, die es gar nicht gibt. Ich sage Ja zur echten Haut, realen Körpern und lebendigen Gesichtern.“

▶ Agnete Husebye (65 500 Follower) war 2019 sogar „Influencer des Jahres“: „Ich finde wirklich, dass das neue Gesetz angebracht ist. Die Kinder von heute wachsen mit einem unrealistischen Körperideal auf. Ich denke, so können sie erkennen, dass man so einfach nicht aussieht und dass dieses Foto redigiert wurde.“

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.