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Klage in Frankreich Reporter ohne Grenzen wirft Facebook »betrügerische Geschäftspraktiken« vor

Die Organisation Reporter ohne Grenzen ärgert sich über Facebooks Umgang mit Hasskommentaren und Falschinformationen. In Frankreich geht sie nun juristisch gegen den US-Konzern vor.
Foto: Thibault Camus / AP

Unter anderem wegen Hasskommentaren gegen Journalisten geht Reporter ohne Grenzen (RoG, Selbstbeschreibung RSF für Reporters sans frontières) in Frankreich gegen Facebook vor. Bei der Pariser Staatsanwaltschaft hat die Organisation nach eigenen Angaben  eine Klage wegen »betrügerischer Geschäftspraktiken im Umgang mit Hassrede und Desinformation« eingereicht. Das Unternehmen von Mark Zuckerberg verstoße gegen seine Zusicherung an die Nutzerinnen und Nutzer, ein sicheres digitales Umfeld zu bieten, erklärte RoG.

Reporter ohne Grenzen bemängelt in einer Pressemitteilung zur Klage, dass irreführende oder falsche Angaben »teils Monate nach Veröffentlichung ohne Kennzeichnung oder Einordnung weiterverbreitet« und »Hasskommentare trotz ihrer möglichen Auswirkungen auf die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten nicht entfernt« würden. Unter anderem seien auf Facebook vielfach Drohungen gegen Mitarbeiter der Satirezeitung »Charlie Hebdo« sowie Verschwörungstheorien zur Coronakrise geteilt worden.

Frankreich ist das Gründungsland von Reporter ohne Grenzen. Nach Angaben der Organisation wurde die Klage dort eingereicht, da Verletzungen des Verbraucherschutzes in Frankreich »neben erheblichen Geldstrafen auch Haftstrafen für die Verantwortlichen nach sich ziehen« können. Bei Erfolg habe die Klage aber internationalen Modellcharakter, heißt es.

Mehr als die Hälfte der Franzosen nutzt Facebook

Die aktuelle Beschwerde richte sich gegen Facebook Frankreich und Facebook Irland, den Hauptsitz des Unternehmens in der EU, erklärt RoG: Nach den Artikeln L121-2 bis L121-5 des französischen Verbraucherschutzgesetzes gelte eine Geschäftspraxis als betrügerisch, »wenn sie auf falschen Behauptungen, Aussagen oder Darstellungen beruht oder geeignet ist, irrezuführen«, insbesondere im Hinblick auf »die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung« oder »den Umfang der Versprechen des Werbenden«. Ein entsprechendes Vergehen könne mit einer Geldstrafe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes geahndet werden.

RoG verweist im Zuge seiner Vorwürfe auf die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards von Facebook, in denen es beispielsweise heißt, Nutzerinnen und Nutzer dürften nichts tun oder teilen, das »rechtswidrig, irreführend, diskriminierend oder betrügerisch« ist.

Facebook wird in Frankreich den Angaben von RoG zufolge von rund 38 Millionen Menschen genutzt, das entspricht mehr als der Hälfte der Bevölkerung.

Update, 19.40 Uhr: Von Facebook heißt es in einer Stellungnahme zum Thema, man habe »null Toleranz für schädliche Inhalte« und investiere viel in die Bekämpfung von Hate Speech und Falschinformationen. In den vergangenen Jahren habe man die Größe des eigenen Sicherheitsteams auf 35.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdreifacht und technische Lösungen mit künstlicher Intelligenz entwickelt, um proaktiv schädliche Inhalte zu finden und zu entfernen. Außerdem verweist das Unternehmen auf verschiedene Maßnahmen, die es gegen Covid-19-Falschinformationen ergriffen hat. Im Februar habe man zudem spezielle Schutzmaßnahmen für persönliche Facebook-Profile von Journalistinnen und Journalisten in Frankreich sowie anderen europäischen Ländern eingeführt, so Facebook.

mbö/AFP
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